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CAPE YORK

 

Das Cape York (Pajinka), von den Australiern meist einfach nur TOP oder TIP genannt, ist der nördlichste Festlandpunkt Australiens und liegt auf einer großen Halbinsel im Nordosten von Queensland.

Von Cairns "nur" 770 km Luftlinie entfernt, entpuppt sich der Landweg als harte, unwegsame Strecke. "Noch immer die härteste Allrad-Strecke im ganzen Land", sagen die Australier. Dass dies trotz einiger inzwischen vorhandener "Entschärfungen", ausnahmsweise mal nicht übertrieben ist, soll ich bald darauf erfahren.

Für den Hinweg entscheide ich mich für die Küstenstrecke von Cairns über das schöne Port Douglas zum Cape Tribulation. Cape Tribulation mit seinem üppigen, bis an den Strand reichenden Regenwald, ist fest in den Händen der "Backpacker". Das zeigt sich besonders an den allabendlichen Partys. Den Daintree Nationalpark (N.P.) verlassend führt die teilweise an die 20 Grad (fast 45% !) steile Strecke durch den Cedar Bay N.P. und den Black Mountain N.P. nach Cooktown. Mit etwas Vorsicht und Fahrerfahrung lässt sich dieses Stück bei Trockenheit auch mit einem robusten, kräftigen PKW bewältigen.

Lakefield Nationalpark

Cooktown ist der letzte größere Ort auf dem langen Weg zum Top und bietet noch einmal den Komfort eines voll ausgestatteten Campingplatzes und eines recht gut sortierten Supermarktes. Die Küste verlassend, vorbei an den kleinen Endeavour Falls, führt die nun wirklich nur noch für Allradfahr­zeuge (4WD) geeignete Strecke in den sehr schönen Lakefield N.P.. Von vielen Flüssen durchzogen und herrlich grün lädt der Park zu einigen Abstechern und eigentlich längerer Verweildauer ein. Hierfür gibt es, wie in fast allen Australischen Nationalparks, einfache Bushcamps mit Pit-Toiletts (Plumsklos) an meist sehr schön gelegenen Stellen. Das "wilde" Cam­pen ist in den Nationalparks nicht erlaubt.

Wenige Kilometer nach dem Ver­lassen des Lakefield N.P. stößt man auf die Peninsula Developmental Road, die in recht ordentlichem Zustand bis hinauf nach Weipa führt. Die dort ansässige Mienen­gesellschaft sorgt für die Erhaltung der Straße, was allerdings nicht bedeutet, dass es auch nur ein Fitzelchen Teerbelag gibt. Trotz­dem kann man einmal ein Stück mit zügigen 80 km/h fahren. Allerdings muss man immer auf der Hut vor Auswaschungen und Bulldust-Löchern sein. Bulldust, dieser tausendfach zermahlene Sand, setzt sich als mikrofeiner Staub auf den Straßen ab. Er sorgt nicht nur für permanente riesige, nahezu undurchsichtige Staubfahnen, sondern verbirgt auch sehr gern tiefe Löcher. Fährt man nun mit überhöhter Geschwindigkeit in so ein verborgenes Loch, kann das zu einer bösen Überraschung führen. Im schlimmsten Fall kann das Ganze mit einem Überschlag oder dem unfreiwilligen Verlassen der Straße in Richtung Busch enden.

Der Unfall

Nach Musgrave, Coen und Archer River Roadhouse kommt ein Abzweig zum Iron Range N.P. an der Ostküste. Dieser Weg ist wieder nur für 4WD geeignet, allerdings mit etwas Übung gut zu fahren. Die Durchquerung des Wenlock und Pascoe Rivers sind hier noch recht einfach. Im Park angelangt, fährt man durch wunderschönen, dichten Regenwald hinauf bis zum Chilli Beach. Leider bin ich dort nie angekommen.

In Cairns hatte ich Rainer aus Deutschland kennen gelernt. Er wollte mit seinem Motorrad ebenfalls zum Cape York hinauf und so beschlossen wir die Strecke gemeinsam zu fahren. Da er mit dem Motorrad um einiges schneller vorankam als ich in meinem Landcruiser, verabredeten wir immer wieder Treffpunkte entlang der Strecke, wo er dann auf mich wartete.

Kurz vor Chilli Beach steht Rainer hinter einer kleinen Brücke und wartet auf mich. Merkwürdigerweise kann ich sein Motorrad nirgends entdecken. Als ich die Brücke überquere, sehe ich es in einem Graben neben der Straße liegen. Die Koffer sind verbeult und einer steht abgerissen im Weg. Rainer sieht bei näherer Betrachtung auch etwas verbeult aus. Seine rechte Schulter ist merkwürdig deformiert und schmerzt ihn. Ansonsten hat er nichts abbekommen. Schuld an dem Dilemma ist die gerade überquerte kleine Stahlbrücke. Durch die Nässe extrem rutschig ist sie Rainer zum Verhängnis geworden.

Nachdem ich Rainer einen notdürftigen Verband angelegt habe und wir das Motorrad geborgen haben, lade ich ihn und sein Gepäck ein und wir fahren zurück zur Ranger Station. Der Ranger funkt zur nahen Aboriginal Siedlung und hält die Royal Flying Doctors fest, die heute gerade zufällig dort sind. Als wir ankommen wissen alle Bescheid und nach dem Röntgen stellt sich heraus, dass das Schlüsselbein gebrochen ist. Bad luck, damit ist der Motorradurlaub für ihn zuende.

Nun müssen wir uns noch um das Motorrad kümmern. Nach langem Hin und Her finde ich endlich jemanden, der mich wieder hinaus zum Unfallort bringt. Trotzdem die Strecke nur etwa 25 km lang ist, dauert es wieder eine Stunde. Nach einigen kurzen Reparaturen ist die Maschine wieder fahrbereit und ich kann mich auf den Weg zurück zur Ranger Station machen. Wegen des verbogenen Lenkers und der unbekannten Maschine lasse ich es anfangs recht ruhig angehen, muss mich dann aber doch beeilen, um vor der Dunkelheit beim Ranger zu sein. So komme ich unfreiwillig noch zu einer netten Motorradtour und schaffe es gerade noch in der Dämmerung zurück am Wagen zu sein.

 

Am nächsten Tag fahre ich die Maschine zur Werkstatt der Komune. Hier verspricht man Rainer, den Transport nach Cairns mit einem Boot am nächsten Montag zu erledigen. Da Rainer unter dem Bruch nicht allzu sehr leidet, beschließen wir gemeinsam in meinem Toyota weiter zum Tip hinaufzufahren.

Für den Rückweg aus dem Iron Range N.P. wählen wir die nördliche Route, die sich als recht heftig erweist. Besonders diese Furt durch den Pascoe River hat es in sich. Die Abfahrt am östlichen Ufer ist recht steil und der Fluss ist knapp einen Meter tief. Am westlichen Ufer geht es dann über Felsen extrem steil nach oben. Im ersten Gang der Allraduntersetzung (L4) arbeiten wir uns langsam hinauf und der Landcruiser muss mal wieder seine Geländetauglichkeit unter Beweis stellen. Die folgende Furt des Wenlock Rivers ist dagegen einfach zu nehmen.

 

Die Old Telegraph Road

Über die Frenchmans Road erreichen wir wieder den eigentlichen Weg zum Top, die Old Telegraph Road (OTR). Kurz vor der Moreton Telegraph Station, die als Campsite von einem sehr netten Ehepaar betrieben wird, ist wieder einmal der Wenlock River zu durchfahren. Für uns stellt er wegen des recht niedrigen Wasserstandes kein Problem dar. Bilder in Moreton zeigen allerdings, dass er schnell unpassierbar wird. Vor einigen Jahren haben hier Leute aus Fässern und Baumstämmen ein Floß gebaut, um ihr Auto auf dem Rückweg vom Top hinüber zu bekommen.

Nach weiteren 38 km fängt das wirkliche Abenteuer an. Östlich zweigt die Southern Bypass Road ab, die es einem ermöglicht ohne die Benutzung des nicht gewarteten Teils der  Old Telegraph Road bis zum Cape zu kommen. Diese Bypass Roads werden auch von den meisten Tourgruppen benutzt. Wir bleiben natürlich auf der OTR. Nun wird es richtig hart. Die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt jetzt so um die 20 km/h. Die Strecke ist extrem ausgewaschen und mit tiefen Löchern übersät. Schräglagen bis über 25° sind keine Seltenheit und durchaus geeignet, um einem echte Sorgen zu machen.

Wann genau kippt der Wagen mit dem Aufbau und bei dieser Gewichtsverteilung eigentlich? Aus Erfahrung weiß ich, dass er es bestimmt nicht vor 30 bis 35 Grad tun wird, aber wohl ist mir manchesmal trotzdem nicht. Die eigentliche Schwierigkeit der Strecke liegt aber in den Flussdurchfahrten. Die Wassertiefe selbst ist in dieser Jahreszeit nicht so sehr das Problem. Selten steigt das Wasser über die Motorhaube und in einem Dieselfahrzeug mit Schnorchel (nach oben verlängerter Luftfilter) ist das ohnehin nicht so problematisch. Viel mehr sind es die Böschungen, die abenteuerlich zu befahren sind. Alle sind sie extrem steil und oft nur im ersten L4 zu meistern. Manche sind tiefsandig, andere schlammig und einige wiederum felsig, jede aber auf ihre Art heftig. Trotz Entschärfung ist der so genannte Gunshot, die Durchquerung des gleichnamigen Creeks, die schwerste auf der südlichen Strecke. Von Süd nach Nord lässt er sich allerdings inzwischen ohne Windeneinsatz befahren.

Die ersten Schäden

Nach einigen harten Kilometern stellt sich ein recht lautes Knacken aus dem Bereich der vorderen Achse ein. Zuerst entdecken wir nur eine ausgerissene Stabilisatorhalterung, was nicht weiter schlimm ist. Auch kann das unmöglich der Grund für dieses laute Knacken sein. Nach weiterer intensiven Suche zeigt sich dann aber, dass die haupttragende obere Blattfeder rechts vorn gebrochen ist. Zum Glück ist sie genau an der Aufnahme gebrochen und die speziell geformte zweite Lage hält noch alles in ihrer Position. Ich brauche also meine Reparaturklammern vorerst nicht zu bemühen, wir können so weiterfahren, allerdings nur im Schneckentempo.

Trotz der gebrochenen Feder schaffen wir den restlichen Südteil der OTR und wechseln dann auf die Northern Bypass Road um den Wagen zu schonen. Dies gelingt allerdings nicht so richtig, denn diese Straße ist mit derart monströsen corrogations (Wellblech) versehen, wie ich es bis jetzt auf all meinen Touren kaum erlebt habe. So kriechen wir also dahin, lernen jede einzelne Bodenwelle persönlich kennen, und freuen uns, dass der Toyo es, ohne weiteren Schaden zu nehmen, bis zur Fähre über den Jardine River schafft.

Hier lassen wir uns am nächsten Tag übersetzen (80 $ return für etwa 150 m !!) und kommen, mit Besichtigungsstop an einem DC3-Wrack am Wegesrand, über Bamaga nach Seisia. Bei Bob, einem der Mechaniker im Ort, fragen wir nach einer Ersatzfeder aber es ist keine vorhanden. Er bietet an, die gebrochene Feder zu schweißen, aber davon halte ich nicht allzu viel. Nur wenn es gar nicht anders geht, möchte ich mich darauf einlassen.

Da er ohnehin erst in zwei Tagen Zeit für mich hat, fahren wir ersteinmal über einen kaum befahrenen Nebenweg hinauf nach Punsand Bay auf den wunderschönen Strandcampingplatz. Auch hier funktioniert das "Buschtelefon" bestens, es wissen schon alle Bescheid, dass der "left hand driven" Toyota mit der gebrochenen Blattfeder auf dem Weg hierher ist. Wayne, der äußerst nette und hilfsbereite Mechaniker der Tourgesellschaften, kommt zur Hilfe und hat tatsächlich eine neue Blattfeder zu einem durchaus zivilen Preis für mich. Am nächsten Tag baue ich sie zusammen mit Wayne ein.

Abends sitzen wir bei einigen Bierchen gemütlich mit Wayne, den Tourguides und den Leuten vom Camp zusammen und lauschen all den Cape York Storys. Es stellt sich heraus, dass kaum ein Fahrzeug ohne Reparaturen den Weg hinauf und wieder zurück übersteht. Aber das Cape hat einfach eine ungeheure Anziehungskraft. Vor allem die Off-Road begeisterten Australier selbst müssen wohl unbedingt einmal hier gewesen sein. Ich kann das gut verstehen. Es kommen nur wenig selbst fahrende Ausländer hier hinauf, Touristen bevorzugen die Tourgesellschaften. Dies liegt wohl auch mit daran, dass die 4WD-Vermieter -aus gutem Grund- es meist verbieten, mit ihren Wagen hier heraufzuzfahren. Dafür  ist aber schon ein Japaner mit seiner Rickscha (von dem liest man ja häufiger mal), eine Frau mit einer Pferdekutsche, Fußgänger und natürlich Radfahrer hier oben gewesen.

The Top

Mit nun wieder genesenem Auto erkunden wir die nähere Umgebung, natürlich zuerst einmal den nördlichsten Punkt selbst. Nach einem Stück Fußmarsch ist das Top erreicht. Der zugige Punkt wird durch ein Schild gekennzeichnet, direkt da wo es von den Klippen ins Wasser geht (S10°41,41 E142°31,82). Der Ausblick auf die nahe gelegenen Inseln ist nett, aber außer dem Gefühl es geschafft zu haben, gibt es nichts Besonderes.

Von Somerset an der Ostküste führt ein kleiner, ruppiger Weg, teilweise direkt am Strand, zum Sheridan Point und wieder zurück zur "Mainroad". Hier findet man einsame, allerdings sehr windexponierte Strände, die man ganz für sich allein hat.

Wir verlassen die Nordecke des Cape und schauen uns auf dem Rückweg die Furt durch den Jardine River an. Man hat uns überall eindringlich davor gewarnt hindurchzufahren. Die Aboriginals wollen, dass man ihre Fähre benutzt und haben angeblich tiefe Löcher hineingegraben. Außerdem ist eine sehr tiefsandige Sandbank in der Furt. Ein Team mit mehreren Land Rovern hat es versucht und sie mussten sich durchwinschen. Die Geschichte von meinem Freund Karl, der mit seinem Allrad-LKW fast drei Tage im Fluss steckte und nur mit großer Mühe und beträchtlichem finanziellen Aufwand befreit werden konnte, habe ich auch immer noch im Kopf und so siegt die Vernunft. Wir nehmen wieder die Fähre.

 

 

Dadurch sind wir gezwungen wieder ein Stück auf dieser jämmerlichen Northern Bypass Road zu fahren. Aber der erste shortcut zur OTR ist unserer und so hat uns das Abenteuer bald wieder. Hatten wir schon gedacht, rauer als auf der südlichen OTR kann es kaum werden, werden wir nun eines Besseren belehrt. Im Nachhinein kam uns der südliche Teil wie eine Trainingsstrecke für den Norden vor. Von Norden kommend, ist besonders der obere Teil fahrerisch extrem anspruchsvoll. Die Böschungen sind noch schwieriger zu meistern, einige sind zusätzlich zu ihrer Steilheit noch mit Biegungen und extremen Schräglagen versehen. Ein kleiner Fahrfehler an einer besonders fiesen Stelle beschert mir eine ansehnliche Beule in der rechten Tür. Der etwas zu kleine hintere Böschungswinkel sorgt an einem felsigen Abstieg dafür, dass die Stoßstange nach oben gebogen wird. steile Böschung

Eine Brücke aus Baumstämmen, mit alten Sandblechen verstärkt, führt in guten vier Meter Höhe über einen Creek. Da mein Wagen mit seinen gut 3 Tonnen Lebendgewicht sicher zu den schwersten Brocken auf dieser Strecke gehört, kostet mich die Überquerung einiges an Überwindung. Aber slowly but steady geht es voran und wir kommen heil hinüber.

Über die südliche OTR und den Innlandweg über Hann River Roadhouse und Laura kommen wir wieder nach Süden. Die Splitt Rock Galerie nahe Laura bietet recht gut erhaltene Aboriginal Paintings. Das letzte Stück nach Cairns lässt sich dann leicht fahren und irgendwann gibt es tatsächlich wieder Teerbelag. Ein ganz angenehmes Gefühl, mal wieder so ohne rappeln und klötern dahinzurauschen.

Die Cape York-Tour, ca. 2.400 km in 14 Tagen, die man natürlich noch beliebig hätte ausdehnen können, ist neben der Durchquerung der Simpson Desert und der Befahrung der Canning Stock Route noch eins der letzten großen Abenteuer in Australien. Schöne Landschaft und an vielen Stellen wohl tuende Einsamkeit macht neben der fahrerischen Herausforderungen die Hauptanziehungskraft dieser Tour aus. Ohne ausreichende Fahrerfahrung im Gelände sollte man sich allerdings an keiner dieser drei Strecken versuchen.

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   Vielen Dank für die Bilder an Rainer !  Rainers Homepage  (meine Kamera hatte hier ausgesetzt)