HOME    REISEN  Libyen Teil 3

Libyen

 

TEIL 1 TEIL 2 TEIL 3

 

TEIL 3

 
   

Pünktlich um 8:00 erscheint Abdusalla, der Fahrer unseres Führerfahrzeuges, und holt uns ab. Sein alter Toyota macht einen ziemlich guten Eindruck. Am Rande des Ortes lädt er Mohammed, unseren Führer, ein und ab geht es in Richtung Akakus-Gebirge. Die Fahrt beginnt sehr gemütlich auf holperiger Piste und schon nach anderthalb Stunden stehen wir vor der ersten Felsgravur. Diese häufig sehr guten Gravuren werden auf 1000 bis 5000 Jahre vor Christi Geburt datiert!

Ein Stop folgt dem anderen, alles schön in Ruhe mit viel Zeit zum Genießen. Nicht so ein Gehetzte wie vorher. Schon jetzt wird klar, daß wir genau die richtige Entscheidung getroffen haben.

 
Die Gravuren sind teilweise sehr schön, besonders die Elefanten sind sehr gelungen. Wir sehen auch viele paintings, allerdings drängt sich doch bei einigen der Verdacht auf, daß sie nicht ganz so echt bzw. alt sind. Da die Verständigung mit unseren beiden Tuareg nicht ganz einfach ist, läßt sich das auch nicht immer aufklären.

Die Gebirgslandschaft ist herrlich, immer wieder eröffnen sich neue Blicke auf die bizarr geformten Felsen aus Kalksandstein. Ein fantastischer Kontrast zu den angewehten Dünen.

 
In der sehr ausgedehnten Mittagspause bekochen uns die beiden Tuareg. Es gibt ein nicht genau zu analysierendes Nudelgericht. Wir sitzen im Kreis im Sand und löffeln zusammen aus einer großen Schüssel. Wenn man erst einmal die gesundheitlichen Bedenken eines verweichlichten westeuropäischen Magens über Bord geworfen hat, ist es wirklich ausgesprochen nett. Natürlich gibt es auch den obligatorischen Tee, allerdings muß man auch hier dem Magen einiges zumuten, da das Wasser aus dem Ziegenwassersack kommt. Das allein wäre sicher nicht so problematisch, aber die Brunnen aus denen das Wasser kommt, na ja. In der ausgedehnten Pause bleibt auch genügend Zeit für ein kleines Schläfchen im Schatten. Kein Wüstenbewohner läuft freiwillig in der prallen Mittagssonne herum, wenn er es nicht unbedingt muß.  
Einige Kilometer weiter stoßen wir auf ein Camp (N25°20.73', O10°33.06'), das als Unterkunft für Touristen hergerichtet ist. In alten Armeezelten stehen zwei Betten und eine Kommode. Richtig heimelich. Das Camp ist wirklich nett angelegt und bietet einen fantastischen Ausblick in ein weites Tal.

Beim nächsten Stop an einer Felsmalerei entdeckt Mohammed mit seinen Adleraugen eine kleine Echse, die versucht sich im Sand zu vergraben. Mohammed fängt sie immer wieder geschickt ein. Als er sie in der Hand hält erklärt er uns, daß man an den Rückenringen das Alter der Echse ablesen kann. Ein dunkler Ring für den Winter, ein heller für den Sommer. Unser Exemplar ist also 11 ½ Jahre alt.

 
Am späten Nachmittag verlassen wir die steinige Region und fahren nach Osten. Am Fuße einiger Dünen finden wir einen schönen Platz für das Nachtlager (N25°9.88 ', O10°49.66'). Unsere beiden Tuareg lassen es sich nicht nehmen, für uns zu kochen. Zuerst gibt es aber natürlich wieder Tee. Dann wir Teig für Brot geknetet, eigentlich so, wie ich es vom Bannuk (das australische Outbackbrot) her kenne. Hier wir der Teig aber einfach in den Sand gelegt. Darüber kommt wieder eine Schicht Sand und dann Glut. Nach einmaligem Wenden ist es nach einer dreiviertel Stunde fertig und schmeckt einfach super. Erstaunlich, mit etwas schaben läßt sich der Sand größtenteils entfernen, der Rest knirscht halt ein wenig beim Essen. Aber das tut dem Genuß keinen Abbruch. Das restliche Brot wird in kleine Stücke zerrissen und mit einer gekochten Mischung aus Tomaten, Paprika, Kartoffeln... zusammen gegessen. Sehr schmackhaft. Ein grandioses Nachtmahl, zusammen mit den beiden Tuareg am Feuer um die Schüssel herumzusitzen und gemeinsam zu löffeln, ein schönes Erlebnis.
Über den Abend verteilt gibt es noch einige verschiedene Teesorten. Die Zeremonie an sich ist schon prima. Nach der Zugabe von reichlich Zucker wir der Tee so lange im hohen Bogen aus einer Kanne in einen Becher -und umgekehrt-  gegossen, bis er dort ordentlich aufschäumt. Der Schaum wird dann in die kleine Gläser gegeben und diese mit dem Tee wieder im hohen Bogen aufgefüllt.

Trotz der schwierigen Verständigung in Englisch-Französich-Arabisch-Händisch und Füßisch verstehen wir uns prima. Andreas hat es da am einfachsten, da er neben Englisch auch noch sehr gut Französisch sprechen kann. Wir bekommen eine Menge Bilder und Saharaprospekte gezeigt, auf denen einer der beiden zu sehen ist.

Da wir weit außerhalb in den Dünen gecampt haben, fahren wir erst einmal ein halbe Stunde, bevor wir wieder in die schöne Steinwelt eintauchen. Wieder jagt ein toller Anblick den nächsten. Unser erster Besuch gilt Freunden unserer Führer, die in einem gemauerten Haus mit etwas weiter entfernt liegendem Brunnen wohnen (N24°51.64', O10°39.86'). Und das mitten in der Pampa. Wovon man hier leben kann, bleibt uns ein Rätsel. Wie bei jeder Gelegenheit wird auch hier wieder die am Wagen baumelnde Ziege mit Wasser aufgefüllt. Über die Qualität der Brühe lasse ich mich lieber nicht weiter aus. Wenigstens wir vor dem Schöpfen mit dem alten Ölkanister die obere Glibberschicht des Brunnenwassers beiseite geschoben.  
Ein kleines Stück weiter ist ein schön geformter Steinbogen, der wie ein Elefantenfuß aussieht (N24°51.46', O10°34.66'). Selbst die Maserung des Felsens erscheint wie die raue Haut des Dickhäuters. Die folgenden paintings sehen doch sehr stark nach fake aus, aber die Elefantengravuren an einem Überhang (N24°51.60', O10° 32.30') sind sehr schön. Wir genießen wiederum eine ausgedehnte Mittagspause mit Tee, Nudelgericht und Mittagsschlaf im Schatten einer überhängenden Abbruchkante. Mohammed findet wieder eine Echse und diesmal auch eine Hornvieper. Nachdem wir sie fotografiert haben, erschlägt er die Schlange, er haßt Schlangen.  
Vom Ende eines Talkessels (N24°49.14', O10°31.48') wandern wir zu zwei verschiedenen Gumpen, die tatsächlich noch Wasser führen. Für die beiden Tuareg ist es Trinkwasser, wir verzichten lieber auf einen Test.

Unser Camp (N24°52.51', O10°34.56 ') bauen wir diesmal an einer Düne, direkt an einer Felskante auf. Augenblicklich brennt das Feuer und nachdem der obligatorische Tee fertig ist, wird gleich ein neues Brot gebacken. Es ist wieder eine angenehme Nacht am Feuer. Wir sind froh so etwas erleben zu können.

Der heutige Weg führt uns zuerst zu einer kleinen Arch (natürlicher Felsbogen), an der als Wassertank der Behälter eines ausrangierten Tankwagens liegt (N24° 43.97', O 10° 39.91'). Mohammed hat offensichtlich schon wieder irgend etwas entdeckt und fängt an, mit einem großen Stein auf einem Felsen herumzuschlagen. Mit großer Ausdauer schlägt er ein Stück heraus und fängt darunter eine fette Echse. Er spielt damit wie mit einem Spielzeug. Tiere haben hier doch eine etwas andere Bedeutung als bei uns. Ich selbst entdecke ein Stück weiter auch eine sehr hübsche Echse, mit einem gelblichen Körper und einem blauen Kopf. Ein sehr fotogenes Exemplar.

Wenig später treffen wir das erste Mal auf andere Leute. Der riesige Steinbogen (N24°40.92', O10°38.13') den wir besuchen, scheint eine Hauptattraktion in diesem Gebiet zu sein. Bald geht es auch schon wieder nordwärts in Richtung Awaynat. Auf dem Weg zeigt Mohammed uns sehr schöne Elefantengravuren auf einem Bolder (N24°48.48', O10°40.32'). Unter ein paar Bäumen, die wenigstens spärlichen Schatten spenden, verbringen wir unsere Mittagspause. Zurück in Awaynat, überholt uns ein alter Peugeot mit einem stolz hupenden Fahrer. Zu unsere Überraschung ist dieser maximal 12 Jahre alt!

Der Manager des Buchungsbüros muckert noch ein wenig herum, weil ihm die DM-Scheine von der Stückelung zu klein erscheinen und wir angeblich den Kurs nicht richtig berechnet hatten, aber wir ignorieren das geflissentlich. Er akzeptiert schließlich. Insgesamt hat er das Geschäft sauber abgewickelt, diese kleinen Geplänkel am Rande gehören halt offensichtlich einfach dazu.

 
Wir dürfen bei Mohammed im bzw. am Gästehaus übernachten und es wird ein unvergeßlicher Abend. Mohammed lehnt unsere Bitten ab, heute einmal für ihn zu sorgen. Er läßt es sich nicht nehmen uns vortrefflich zu verwöhnen. Es wird richtig gemütlich im "Kral" seines Gästehauses. Teppiche werden ausgelegt und Matratzen und Kissen verteilt. Er kocht natürlich wieder reichlich Tee verschiedenster Sorten und es gibt heute Spaghetti. Ein ungewöhnliches Mal für ihn, da er normalerweise immer nur mit dem Löffel und/oder den Fingern ißt. Nun muß er halt zusätzlich die Gabel benutzen. Wir sitzen lange gemütlich zusammen, schauen uns seine Bilder an, die ihm andere Besucher geschickt haben, und knabbern unsere Naschsachen mit ihm zusammen auf.  
Schon kurz vor 8:00 Uhr steht Mohammed wieder da und sofort brennt das kleine Teefeuer. Er hat uns einen gefangenen Skorpion mitgebracht, den er auf eine kleine Düne setzt, damit wir ihn fotografieren können. Zum Abschied schenken wir ihm ein paar Cappies, Feuerzeuge, Gabeln und Spaghetti mit Tomatensauce. Mohammed schenkt uns jedem eine steinzeitliche, steinerne Pfeilspitze, die er gefunden hat. Wir versprechen ihm Fotoabzüge zu schicken. Wir haben wirklich viel Glück gehabt, einen solchen Führer zu bekommen. Es war eine tolle Zeit mit ihm.

Wir machen uns auf den Rückweg. Es folgt eine weitestgehend öde Fahrt auf guter Straße, bis zu einem Nachtlager (N 27° 47.79', O 14 ° 19.06') in einer Senke mit einigermaßen Sichtschutz am Wegesrand. Ein solcher Übernachtungsplatz ist gar nicht so einfach zu finden.

 
Auch am nächsten Tag fahren ohne Ende, aber anfangs einfach und schnell mit Rückenwind. Der Wind nimmt immer mehr zu und steigert sich zum Sturm. Leider kommt er nun schräg von vorn mit großen Mengen an Sand. Die Sicht beträgt zeitweise weniger als 50 Meter. Selbst wenn sie besser ist, kommt der Toyo kaum gegenan und manchmal im 4.Gang bei Vollgas nur auf 80 km/h. Die Landschaft ist meist langweilig, die Fahrt öde und anstrengend. Die Polizei- und Militärkontrollen laufen, wie immer, problemlos und freundlich. Meist werden wir einfach durchgewunken.

Mit einigen Schwierigkeiten finden wir einen geschützten Lagerplatz (N 31° 58.66', O 12 ° 35.97')  in einem kleinen Kiefernwald neben der Straße. Es ist kühl geworden, um 21:00 Uhr sind es nur noch 11°C bei 30% Luftfeuchtigkeit, ziemlich ungewohnt nach all der Hitze und Trockenheit.

 
Brr, morgens sind nur noch 9° C, scheußlich kalt. Unser nächster Stop ist in Sabrata, wo sich erstklassig erhaltene Ruinen (ca. 200 n.C.) aus dem römischen Reich befinden. Nicht einfach irgendwelche alten, zusammengewürfelten Steine sondern richtig gut erhaltene Überreste. Und das bei herrlichem Sonnenschein und strahlend blauem Himmel. Es herrscht prima Stimmung, viele der jugendlichen Ausflügler singen und feiern.

Bald ist die libysche Grenze (ca. N33°8.87', O11°33.08') erreicht. Die Grenzformalitäten sind nicht sonderlich kompliziert, zwei Stunden dauert es aber trotzdem. Im ersten Häuschen den Paß abstempeln und einen Eintrag im Buch abholen, im zweiten das Carnet zurückgeben. Dann die Paßstempel zur Ausreise abholen. Das dauert am längsten, die Schlange der Wartenden scheint unendlich. Zum Glück werden wir auch hier bevorzugt behandelt. Nach den Abgaben der Schilder bekommen wir die Kaution zurück, die wir im Bankcontainer zurücktauschen müssen. Leider im Kurs 1:1, so gibt es nur 50,- DM zurück. In Tunesien hätten wir mindestens das Dreifache bekommen.

 
Die Einreise nach Tunesien ist wieder recht problemlos. Zettel ausfüllen, Paß und Fahrzeugschein abgeben. Dieser wird dann wieder fein säuberlich ins Laptop abgetippt. Die Kontrolle beim Zoll ist wieder sehr lässig. Etwas zu verzollen? Nein, auch gut. Fertig.

Auf dem Weg nach Ben Guardane wieder die gleichen, verstärkten Polizei- und Militärkontrollen wie auch in Libyen, aber wieder sehr freundlich und völlig problemlos.

Ganz nett einmal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen, auch wenn das Zimmer wirklich nicht besonders toll ist.

 
Die Polizeikontrollen lassen uns in Ruhe, nur einmal winken sie Wolfgang raus, als wir mal wieder mit 100 km/h durch so etwas wie eine Ortschaft brausen. Es gibt aber nur einen freundlichen Hinweis, doch nicht ganz so schnell zu fahren. Mehr wäre auch nicht nett gewesen, wo wir uns doch nur dem fließenden Verkehr anpassen.

Wir kommen gut voran, trinken ab und zu einen fürchterlichen Kaffee und machen eine ausgedehnte Mittagspause am Rande eines kleinen Wäldchens. Es gesellen sich drei Kinder mit Eselskarren zu uns. Sie sind anfangs sehr schüchtern, tauen dann aber auf, als wir ihnen von unserem Essen abgeben. Andreas darf sogar noch eine Runde auf dem Eselskarren mitfahren.

 
Mit Hilfe des GPS finden wir auf einfache Weise das Hotel in Tunis (N36°55.38 ', O 10°17.17') wieder. Allerdings ist das Fahren auf den Straßen von Tunis ziemlich abenteuerlich. Regeln scheint es nicht wirklich zu geben, jeder fährt wie er will oder kann, Hauptsache schnell. Dabei wird möglichst häufig, völlig chaotisch ohne Vorankündigung, die Spur gewechselt. Auf der dreispurigen Straße sind meist vier Fahrzeuge nebeneinander unterwegs.

Das Hotel ist inzwischen ziemlich gut besucht, die Saison hat offensichtlich begonnen. Es sind offensichtlich viele Pauschaltouristen eingefallen. Es wird mit allerdings wohl ewig ein Rätsel bleiben, was einen Menschen wohl bewegen kann, in Tunis einen Urlaub zu machen.

 
Wir besuchen die Medina mit den Souks und Märkten. Kein besonders aufregender Besuch, nur Gewimmel und ständiges Angequatsche. Zufällig treffen wir einen der Kellner aus dem Hotel, der uns durch das Labyrinth führt und uns einiges zeigt. Zum Schluß würde aber auch er uns gern etwas verkaufen, zufällig hat er noch einen Parfümladen mit irgendwelchen ganz besonders günstigen Grundsubstanzen für´s do it yourself.  
In der Warteschlange vor der Fähre unterhalten wir uns mit einigen Reisenden, die viel Pech auf Ihrem Trip hatten. Ein zerstörter Motor bei einem Mitsubishi, der zu über 2.000 km abschleppen geführt hat, ein etwas zerbeulter kurzer Toyota nach leichtem Roller und ein Totalschaden an einem fast neuen Dicovery. Zum Glück waren in allen Fällen keine Personenschäden zu verzeichnen. Einem Mopedfahrer hat man in Tunis am letzten Tag der Reise das Motorrad geklaut.

Die Formalitäten sind recht einfach, der Ablauf ist wenig chaotischer als erwartet. Die Fähre nimmt uns ohne Zwischenfälle auf und bietet eine sanfte Überfahrt in der Viererkabiene. Nach guten 20 Stunden kommen wir gegen 15:00 Uhr in Genua an.

Nun beginnt die lange Heimfahrt, die wir auf dem schnellsten Weg bei schönstem Wetter durchziehen. Abends um 20:00 Uhr sitzen wir in Lindau eine Stunde bei angenehmen Temperaturen draußen zum Abendessen. Mit Unterbrechungen durch einige Kaffeepausen quälen wir uns die Nacht hindurch Richtung Norden. Morgens um sechs Uhr habe ich Andreas in Hamburg abgeliefert und bin wieder zu Hause.

 
   
Fazit

Ein außerordentliches Erlebnis in fantastischer Landschaft. Die Extremwüste zu erleben ist schon etwas Besonderes und bleibt unvergeßlich.

Die Tour mit Helmut war auf der einen Seite ausgesprochen gut, da nur mit so einem erfahrenen Wüstenkenner solche Strecken für Wüstenneulinge überhaupt zu bewältigen sind. Auf der anderen Seite paßten unsere Meinungen über die Art und Weise der Reise überhaupt nicht zusammen.

Die Fortsetzung der Reise auf eigene Faust war genau die richtige Entscheidung, die Tage mit den Tuaregs im Akakus waren ein Highlight und sind unvergessen.

 
   
 

 

TEIL 1 TEIL 2 TEIL 3